Briefmarkenfälschungen
Der Bund Philatelistischer Prüfer e.V. BPP hatte zeitweise deutlich über 100 Mitglieder. Der 1958 gegründete Verein, in dem sich Philatelisten mit Expertenwissen zusammengeschlossen haben, um Echtheit und Erhaltungsgrad von Briefmarken und anderen philatelistischen Sammelobjekten zu beurteilen, zeigt, welche Bedeutung das Thema Briefmarkenfälschung bei Sammlern, Händlern und Auktionshäusern hat. Weltweit gibt es Prüfer-Verbände, Prüfstellen und Expertenkomitees. Fälschungen teurer Briefmarken sind also keine Seltenheit, sondern sehr verbreitet, so dass wertvolle Stücke oft nur noch mit einem Prüfattest verkauft werden können, bzw. gekauft werden sollten.
Briefmarkenfälschungen werden allgemein in drei Gruppen unterteilt: Fälschungen zum Schaden der Sammler (Seltene Briefmarken werden nachgemacht oder verfälscht, echte Briefmarken werden mit falschen Stempeln versehen), Fälschungen zum Schaden der Post (Falsifikate werden zur Frankierung von Briefen benutzt oder von bereits verwendeten Marken werden die Stempel entfernt) und sogenannte Propagandafälschungen (meist nach bekannten Vorbildern gestaltete Briefmarken, die mit politischen Botschaften versehen werden).
Berlin mit Schwarzaufdruck - Aufdruck und Stempel falsch (gepr. Schlegel) und wohl falschem Prüferstempel Dr. Dub
Hat man früher die Briefmarke auf der Rückseite als Prüfer mit Stempel signiert, verzichtet man heute auf derartige Veränderungen an der Marke (außer "falsch") und erstellt ein Fotoattest.
Neben den sogenannten Ganzfälschungen, bei denen eine Briefmarke nach originalem Vorbild komplett neu erschaffen wird, gibt es jedoch auch Verfälschungen. Sehr häufig findet man entfalzte ungestempelte Briefmarken, die mit einer neuen Gummierung versehen, als postfrisch angeboten werden. Auch werden Zähne oder Risse repariert oder Briefmarken mit einem Aufdruck versehen, wie z.B. die gefälschten Rot- und Schwarzaufdrucke bei Berlinmarken oder nachträglich aufgebrachte Band- und Netzaufdrucke bei Ausgaben der Bi-Zone. Auch wird bei hochwertigen Reproduktionen manchmal der Hinweis "Faksimile" oder "Replik" entfernt und die betreffende Stelle ausgebessert oder überstempelt.
Eine der bekanntesten Fälschungen der Bundesrepublik Deutschland:
Ganzfälschung Leninmarke von 1970 auf echt gelaufenem Brief
Obschon es sich hier um eine Fälschung zum Schaden der Post handelt, wurde diese Briefmarke nicht mit der Absicht geschaffen, die Post zu schädigen. Fast in Spontimanier kamen einige DKP Sympathisanten auf die Idee, analog zur 1970 anlässlich des 150. Geburtstages von Friedrich Engels erscheinenden Briefmarke (Mi.-Nr. 657), auch den 1870 geborenen W. I. Lenin mit einer Briefmarke zum 100. Geburtstag zu ehren. Hatte doch sogar der Weltpostverein seinen Mitgliedern die Herausgabe einer Gedenkmarke empfohlen, war eine solche in der BRD jedoch nicht geplant. Wie oben frankierte Briefe wurden dann auch in Umlauf gebracht und zum Teil an politische Vertreter versendet. Die Bundespost verstand hier jedoch keinen Spass und die Urheber wurden in einem Gerichtsprozess zu einer Geldstrafe über 12.000 DM verurteilt.
Die zum Vorbild dienende Engels-Briefmarke (Mi.-Nr. 657 aus 1970)
Die Fälschung hat es sogar zu einer Erwähnung im bekannten Michel-Katalog des Schwaneberger Verlages gebracht in dem es neben einer Abbildung der Fälschung heißt: "Eine Lenin-Briefmarke" zum 100. Geburtstag W. I. Lenins in Rot/Schwarz (Odr.; gez. L 11), die im April 1970 auf Briefen in den Postverkehr geschleust wurde, ist keine postamtliche Ausgabe der Deutschen Bundespost." (Michel Deutschland-Spezial 2001 Band 2. S. 932 Schwaneberger Verlag München.)
Auch in der Wochenzeitschrift DER SPIEGEL 18/1970 vom 26.04.1970 wurde in einem Artikel mit dem Titel "SONDER-SONDERMARKEN" über die Aktion berichtet.
Briefmarkenfälschungen gibt es solange, wie es Briefmarken gibt, deshalb versuchte man auch schon früh die Marken fälschungssicher zu machen z. B. durch die Verwendung von faserhaltigen und gefärbten Spezialpapieren oder Wasserzeichen. Als neueste Massnahme der Deutschen Post ist hier der 2021 eingeführte QR-Code, auch Matrixcode genannt, zu nennen, der nicht nur eine erhöhte Fälschungssicherheit gewährleisten soll, sondern auch durch digitale Entwertung eine Mehrfachverwendung unmöglich macht. Zusätzlich erhält die Post hier Informationen zum Sendungsverlauf eines jeden Briefes.
Briefmarke mit individuellem QR Matrixcode
Wenn Sie sich für das Thema Briefmarkenfälschungen interessieren, empfehlen wir folgende weiterführende Literatur:
Wolfgang Maassen: Echt oder Falsch? Fälschungen und Fälscher in der Philatelie. Phil*Creativ Verlag, Schwalmtal 2003.
Joachim Hosang: Gezähnte Kriegspropaganda. Teile I-IV Selbstverlag 1954-59.
Rolf Rauscher: Vademecum Der Fälschungen. Verlag Für Philatelistische Wissensgebiete, 1948.
Wolfram Grallert: Lexikon Philatelie. Transpress, Verlag für Verkehrswesen, Berlin, 1971.